Eine Ideen-Werkstatt für soziale Visionäre

kanthari im südindischen Kerala ist ein internationales Institut für "Social Impact Leadership." Das Besondere: alle Kursteilnehmer waren oder sind selbst mit den Problemen konfrontiert, die sie lösen möchten. Hier entwickeln frühere Kindersoldaten Ideen, wie sie zur Friedensbildung in ihrer Heimat beitragen können. Ehemalige Drogenabhängige und Opfer häuslicher oder sexueller Gewalt arbeiten an Initiativen, um ihre Mitmenschen vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren. Andere Teilnehmer haben die Auswirkungen des Klimawandels am eigenen Leib erfahren und entwerfen Maßnahmen für ein zukunftsfähiges Leben in ihren Gemeinden.

Hintergrund

Wie kann ich von einem passiven Hilfeempfänger und Opfer externer Umstände zu einem aktiven Gestalter meiner eigenen Zukunft werden? Menschen, die direkt von Armut, Ausbeutung, Ausgrenzung und anderen Problemen betroffen sind, verfügen oft über das beste Verständnis, die unbändige Motivation und das Können, um sich selbst und andere aus genau solchen Situationen zu befreien. Was ihnen jedoch fehlt, ist der Zugang zu den richtigen Ressourcen und Knowhow sowie eine Plattform, um sich weiterzuentwickeln und ihre Vorhaben umzusetzen.

kanthari bietet seinen Teilnehmenden aus aller Welt genau dies: Das Institut stattet sie mit den richtigen Techniken, Werkzeugen, Methoden und Ideen aus, die sie benötigen, um effektive soziale und ökologische Initiativen zu gründen und nachhaltig zu betreiben.

Dabei ist die Mitgründerin von kanthari, Sabriye Tenberken, selbst das beste Beispiel dafür, wie Menschen, die mit Herausforderungen unterschiedlichster Art konfrontiert sind, durch ihre Erfahrungen Großartiges erreichen können und sich für ihre Mitmenschen leidenschaftlich einsetzen.

Durch eine fortschreitende Netzhauterkrankung erblindete Sabriye im Alter von zwölf Jahren vollständig. Ihre Liebe zu Tibet und ihr Wunsch, Neues zu lernen, führten dazu, dass sie im Jahr 1992 die tibetische Blindenschrift entwickelte. 1997 reiste Sabriye allein nach Tibet, um die Möglichkeit des Aufbaus einer Blindenschule zu erkunden. Dort traf sie auf den holländischen Techniker Paul Kronenberg. Gemeinsam gründeten sie 1998 eine vorbereitende Grundschule für blinde Kinder, eine medizinische Massage Trainingsklinik für blinde Jugendliche und Erwachsene, eine Braille-Buchdruckerei und eine ökologische Trainingsfarm. Dort wurden Blinde nicht nur in landwirtschaftlichen Berufen ausgebildet, sondern auch in Bereichen wie Käserei, Bäckerei und Teppichknüpferei.

Sabriye Tenberken und Paul Kronenberg

Im Jahr 2005 gründeten Sabriye und Paul schließlich kanthari, um soziale Visionäre zu fördern, die genau wie sie selbst von der Leidenschaft getrieben sind, die Welt durch konkretes Handeln zu einem besseren Ort zu machen.

Lernen, die Welt zu verändern

Seit 2009 wurden insgesamt 280 Changemaker aus 55 Ländern am kanthari Institut ausgebildet. Dabei stehen die Vision und der Traum von sozialem und ökologischem Wandel im Vordergrund, weshalb Schul- und Universitätsabschlüsse keine wichtige Rolle spielen. Die „kantharis“ müssen lediglich über Englisch- und grundlegende Computerkenntnisse verfügen. Sie sind mindestens 22 Jahre alt, wobei der Altersdurchschnitt bei Mitte Dreißig liegt. Wichtig ist, dass die Teilnehmer offen für neue Denkansätze sind und kanthari entweder als letzte Station vor dem Projektstart oder als Impulsgeber für fortlaufende Projekte betrachten.

Das zwölfmonatige Programm wird durch Stipendien finanziert, wobei sieben Monate davon auf dem wunderschönen grünen Campus in Trivandrum stattfinden. Die Teilnehmer werden dabei in konkreten und praktischen Workshops von internationalen Mentoren zu Führungspersönlichkeiten für sozialen und ökologischen Wandel ausgebildet. Durch innovative Lernmodule wie zum Beispiel „Tansalesea,“ einem fiktiven Land, werden die Vorhaben der kantharis auf Herz und Nieren geprüft. So müssen sie sich und ihre Projekte vor einem kritischen Publikum verteidigen, und z.B. auch fiktiven Sponsoren Rede und Antwort stehen. Dadurch werden sie bestmöglich auf die Herausforderungen in der realen Welt vorbereitet.

Im Ergebnis sind bereits über 180 nachhaltige Initiativen entstanden, die täglich das Leben von mehr als 50.000 Menschen verbessern. Die kantharis setzen sich als Aktivisten für Minderheiten oder den Schutz der Umwelt ein, gründen soziale Unternehmen, schaffen relevante Bildungsangebote für ihre Mitmenschen, erfinden nachhaltige Produkte, die das Leben von Menschen mit Behinderungen vereinfachen, oder setzen die Kunst als Mittel zur Friedensförderung ein. Die Welt verändern, das kann man – bei kanthari – lernen.

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