In Wogdi sind Pioniere gesucht

Projektbesuch bei der Organisation Menschen für Menschen

Wogdi liegt in Äthiopien, knapp 580 Kilometer nördlich der Hauptstadt Addis Abeba. In dieser Region betreibt die Organisation Menschen für Menschen ein Entwicklungsprojekt, in dem es sowohl um nachhaltige Landwirtschaft, Wasser und Hygiene wie um Bildung, Gesundheit und Einkommen geht. Die knodel foundation unterstützt das Projekt, und kürzlich hat Patrick Knodel Wogdi besucht. Hier ist sein Reisebericht.

Die Fahrt nach Wogdi dauert rund zwölf Stunden. Sie führt mitten durch den Großen Afrikanischen Grabenbruch, und das teilweise auf Rumpelpisten, auf denen man kräftig durchgeschüttelt wird. Denn das Projektgebiet liegt fernab der Städte auf dem Land – hier gehen nur wenige NGOs hin.

Die Hauptprobleme der Region sind die Bevölkerungsexplosion und die durch Abholzung und falsche Landwirtschaft erodierten Böden. Die Abholzungen haben ein kaum vorstellbares Ausmaß. Inzwischen zahlt man den Bauern Geld, wenn sie an Hängen wieder Bäume pflanzen. Darüber hinaus richtet man Zonen ein, in denen Esel, Kühe und Ziegen nicht weiden dürfen. Auf diese Weise soll das Land nach und nach wieder aufgeforstet und die Erosion reduziert werden.

Die Projektregion ist relativ neu – so verursachen wir fast einen Volksauflauf, denn Weiße verirren sich nur selten hierher. Die Projektmitarbeiter erklären den Bauern, wie sie in ihren Gärten verschiedenen Sorten von Feldfrüchten anbauen können. Früher haben sie fast ausschließlich Zwerghirse (Teff) geerntet. Aus deren Mehl wird das beliebte Injera-Fladenbrot gebacken, zu dem uns die Bauern in ihre Hütte einladen. Für mich sind solche Einladungen manchmal nicht einfach, denn ich bin Vegetarier. Aber diesmal passt es: In Äthiopien ist gerade Fastenzeit – das heißt nicht nur „kein Fleisch“, sondern auch „keine tierischen Produkte“.

Diese persönlichen Besuche sind auch für das Projekt wichtig. Denn um in Wogdi erfolgreich zu sein, braucht Menschen für Menschen Pioniere. Viele Bauern misstrauen dem neuen Anbaukonzept, sie fürchten Ernteausfälle. Daher muss die Organisation zunächst in jedem Dorf ein bis zwei Familien überzeugen, sich für eine Saison auf das neue Konzept einzulassen. Mit diesen „Pilotbauern“ soll dann nach und nach das ganze Dorf überzeugt werden.

Wir besichtigen medizinischen Zentren, die in den größeren Orten eingerichtet werden. Zu ihnen gehören kleinere Stationen im Umkreis von fünf Kilometern – auf diese Weise hat jetzt auch die Landbevölkerung Zugang zu einer medizinischen Basisversorgung, etwa bei Geburten. Anschließend sprechen wir mit Mikrokreditnehmern, die sich kleine Geschäfte aufgebaut haben, zum Beispiel Cafés.

Am letzten Tag der Reise lerne ich weitere Mitarbeiter von Menschen für Menschen in der Zentrale in Addis Abeba kennen. Zusammen mit Dr. Sebastian Brandis, dem Geschäftsführer von MfM aus München, der mich auf der ganzen Reise begleitet hat, diskutiere ich mit den lokalen Geschäftsführern über die Entwicklungsarbeit der letzten 30 Jahre. Ich argumentiere, dass nach der erfolgreichen Grundlagenarbeit auf dem Land nun der nächste Schritt zur flächendeckenden Förderung innovativer und nachhaltiger Geschäftsmodelle erfolgen muss. Abends nimmt mich Dr. Brandis noch zur Preisverleihung eines Start-up-Wettbewerbs mit. Das Geschäftsfeld des Siegers ist bemerkenswert: In dem Unternehmen werden westafrikanische Frauen in hochmoderner Blockchain-Programmierung geschult.

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